Aennchen 73 Jahre | Die Lindenwirtin. | Fr. Abt.
Keinen Tropfen im Becher mehr,
Und der Beutel schlaff und leer,
Lechzend Herz und Zunge. -
Angetan hat's mir dein Wein,
Deiner Äuglein heller Schein,
:,: Lindenwirtin, du junge! :,:
Angekreidet wird hier nicht,
Weil's an Kreide uns gebricht,
Lacht die Wirtin heiter.
Hast du keinen Heller mehr,
Gib zum Pfand dein Ränzel her,
:,: Aber trinke weiter. :,:
Tauscht der Bursch sein Ränzel ein
Gegen einen Krug voll Wein,
Tät zum Geh'n sich wenden.
Spricht die Wirtin: Junges Blut,
Hast du Mantel, Stab und Hut,
:,: Trink und laß dich pfänden! :,:
Da vertrank der Wanderknab'
Mantel, Hut und Wanderstab,
Sprach betrübt: "Ich scheide.
Fahre wohl, du kühler Trank,
Lindenwirtin, jung und schlank,
:,: Schönste Augenweide." :,:
Spricht zu ihm das schöne Weib:
"Hast ja noch ein Herz im Leib,
Laß mir's, trauter Wandrer!"
Was geschah, ich tu's euch kund:
Auf der Wirtin rotem Mund
:,: Brannte heiß ein andrer. :,:
Der dies neue Lied erdacht,
Sang's in einer Sommernacht!
Lustig in die Winde.
Vor ihm stand ein volles Glas,
Neben ihm Frau Wirtin saß
:,: Unter der blühenden Linde. :,:
Rudolf Baumbach.
urn:nbn:de:gbv:700-2-0002328-3
http://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:gbv:700-2-0002328-3
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